Samstag, 14. November 2015

Der Baum der Freiheit

Was soll man an so einem Tag posten? Am Tag 1 nach den schrecklichen Terroranschlägen in Paris. Lieber gar nichts? Nein, den Kopf in den Sand zu stecken, das ist keine Lösung. Wie aber können wir unsere Trauer, unser tiefes Mitgefühl und unsere Solidarität mit unseren lieben Nachbarn in Frankreich zum Ausdruck bringen? Vielleicht am besten, indem wir ein Zeichen der Hoffnung setzen und einen Baum pflanzen. Heute Abend ist das leider nicht mehr möglich, da wir gerade keinen Baum zur Hand haben, den wir pflanzen könnten. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Stattdessen posten wir heute an dieser Stelle ein Bild von Jean-Baptiste Lesueur (1749-1826), einem Zeitzeugen der Französischen Revolution. Es zeigt Revolutionäre beim Pflanzen eines "Baumes der Freiheit".

Ein "Baum der Freiheit" wird gepflanzt – ein schönes Bild aus der Zeit der Französischen Revolution, das auch heute noch eine starke Symbolkraft hat.
Schon Martin Luther soll ja seinerzeit empfohlen haben, in Anbetracht des Weltuntergangs ein Apfelbäumchen zu pflanzen. Der erste "Baum der Freiheit" war allerdings kein Apfelbaum, sondern eine Ulme. Sie stand in Boston und wurde zum Erkennungssymbol der "Sons of Liberty", einer Gruppe amerikanischer Kolonisten, die sich gegen das englische Mutterland auflehnte.
Angeblich war es der Marquis de La Fayette, der den Brauch, Bäume als Symbole der Freiheit zu pflanzen und sie mit Bändern und Fahnen zu schmücken, nach Frankreich brachte. Auf dem Höhepunkt der Französischen Revolution errichteten die Jakobiner 1790 in Paris den ersten "l'arbe de la liberté, krönten ihn mit einer Freiheitsmütze und tanzten, Revolutionslieder singend, um ihn herum. Zwei Jahre später sollen schon in rund 60.000 Orten der Republik "Bäume der Freiheit" gestanden haben, und auch in Deutschland kam es bald in Mode, Freiheitsbäume zu pflanzen.
Viele von uns kennen den "arbre de la liberté" von den französischen Euro-Münzen in Verbindung mit der Parole "Liberté, Egalité, Fraternité". Lange, bevor die Euro-Münzen in den Umlauf kamen, haben wir auf einer unserer zahlreichen Frankreich-Reisen Ende der 1980er Jahre Bekanntschaft mit diesem Symbol gemacht: Irgendwo in der französischen Provinz kauften wir in einer kleiner Manufaktur, in der handgeschöpftes Papier hergestellt wurde, einen Druck, der Menschen zeigt, die um einen mit Bändern in den französischen Nationalfarben geschmückten, frisch gepflanzten Freiheitsbaum Baum herum tanzten. Ein fröhliches, hoffnungsvolles Bild. Es begleitete uns Jahrzehnte lang, hing bei uns gerahmt an der Wand, zog mehrfach mit uns um. Leider wurde es eines Tages infolge eines Wasserschadens wellig und verfärbte sich gelb. Als es sich in seine Bestandteile aufzulösen drohte, warfen wir es schließlich schweren Herzens weg.
In Anbetracht der schrecklichen Ereignisse in Paris, die ein barbarischer Angriff auf die Freiheit nicht nur in Frankreich, sondern auch in ganz Europa waren, kam es uns heute wieder in den Sinn. Der "arbre de la liberté" als Symbol der Freiheit und der Hoffnung auf eine bessere Welt ist heute nicht weniger aktuell als vor 225 Jahren. Möge er den Franzosen Trost spenden und Kraft geben für den Kampf gegen den Terror!

2 Kommentare:

  1. Liebe Inka,
    natürlich sind Erinnerungssymbole wichtig, aber sie können am Ende Fehlentwicklungen nicht verhindern, so auch die Ulme nicht die spätere Schreckensherrschaft 1793 unter Robespierre. Das Pflänzlein der Freiheit muss in den Köpfen der Menschen gedeihen und bedarf einer steten und intensiven Pflege.
    Danke, dass Du an das unfassbare Geschehen in Frankreich eingegangen bist.
    Liebe Grüße
    Felicitas

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    1. Bäume können natürlich den Lauf der von Menschen gemachten Geschichte nicht beeinflussen. Sie können lediglich, wenn sie als Symbol gepflanzt worden sind, lediglich an etwas erinnern.
      Danke für Deinen Kommentar! Ich habe ihn erst heute entdeckt. Da Du ihn als "Anonym" gepostet hast, war er leider im Spam-Ordner gelandet, den ich von Zeit zu Zeit ausmiste.
      Sorry!
      Liebe Grüße
      Inka

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