Dienstag, 28. März 2017

Biber-Safari wird zur Nutria-Safari

Schwimmt da ein Biber in der Aller? Nein, am Schwanz lässt sich erkennen, dass es sich in diesem Fall um ein Exemplar der Gattung Myocastor (Nutria) handelt.
Hier lässt sich gut erkennen, dass dieses Nagetier keine bibertypische nackte "Ruderkelle", sondern einen ganzen normalen, behaarten Schwanz hat.
Am Wochenende hatten uns Freunde zu einer Biber-Safari am Oberlauf der Aller eingeladen. Bei schönstem Frühlingswetter wanderten wir am Ufer des sich durch grüne Wiesen schlängelnden Flusses entlang, der im Westen der Magdeburger Börde zwischen Oschersleben und Helmstedt entspringt und nach 260 Flusskilometern bei Verden in die Weser mündet. Wir sahen eine Biberburg, zwei Biberdämme von beeindruckender Größe und etliche von Bibern angenagte und gefällte Bäume, aber keinen einzigen Biber. Enttäuscht waren wir dennoch nicht, denn zum einen hatten wir doch auch nicht ernsthaft damit gerechnet, eines dieser scheuen Nagetiere zu entdecken, und zum anderen konnten wir auf der Tour aus nächster Nähe ein halbes Dutzend Nutrias beobachten, und die sehen ja den Bibern fast zum Verwechseln ähnlich, haben nur nicht den charakteristischen nackten, flossenartigen Schwanz (Kelle genannt), sondern eine "normale" behaarte Schnur.
Aufgrund der Ähnlichkeit werden die Nutrias auch Biberratten oder seltener Sumpfbiber oder Schweifbiber genannt. Und auch im zoologischen Namen Myocastor coypus steckt ein bisschen Biber (Castor).

Hier sieht man die nutriatypischen orangefarbenen  Nagezähne blitzen. Die Orangefärbung wird durch Eisenablagerungen hervorgerufen.
Im Gegensatz zu den Bibern sind die Nutrias überhaupt nicht scheu. Sie haben noch nicht einmal Angst vor (angeleinten) Hunden. Unterwegs trafen wir einen älteren Mann, der uns erzählte, dass einige Nutrias ihm sogar aus der Hand fressen. Er füttere sie zuweilen mit Äpfeln und Möhren, sagte er. Das sei auch gar nicht verwerflich, denn die Nutrias seien ja gar keine echten Wildtiere, sondern die Nachkommen von Nutrias aus Pelztierfarmen in der ehemaligen DDR. Nach der Wende sei die Pelztierzucht aufgegeben worden, und man habe damals die Tiere einfach freigelassen, und so seien sie mit den Jahren immer weiter nach Westen gewandert.

Hier kommt die Meerschweinchenverwandtschaft besonders gut zur Geltung.
Tatsächlich wurden in der DDR im großen Stil Nutrias gehalten, und zwar nicht nur als Pelzlieferanten, sondern auch, weil ihr Fleisch durchaus zart und wohlschmeckend sein soll. Bei Wikipedia fanden wir den Hinweis auf ein Fachbuch für Pelztierzüchter der DDR aus dem Jahr 1953, in dem die Verarbeitung der Nutrias zu Rouladen, Mettwurst und Räucherfleisch beschrieben wurde. Und in den Gefängnissen der DDR soll regelmäßig Nutria mit Pellkartoffeln auf der Speisekarte gestanden haben.

Als Veganerinnen lehnen wir es selbstverständlich ab, diesen possierlichen Tierchen, die uns wie Riesenmeerschweinchen vorkamen (und in der Zoologie tatsächlich auch zu den Meerschweinchenverwandten gezählt werden), auch nur ein Haar zu krümmen. Im Gegensatz zu den Bisamratten, die die Uferböschungen unterhöhlen, richten Nutrias offenbar auch kaum Schaden an. Gleichwohl ist die ursprünglich aus Südamerika stammende Tierart hierzulande nicht unbedingt gern gesehen. So stehen die Nutrias auf der EU-Liste der invasiven, gebietsfremden Arten, und ihre weitere Einfuhr und Zucht ist verboten.

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